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Gefunden im Wald !
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen bei dem Kauf eines Waldgrundstückes ein verwaistes Naturtheater, ein kleines Vereinshaus und einen stationären Ottomotor mit angeboten. So etwa geschehen im Gebiet des Suhler Friedberges (593 ü.M.) mit einem jagdbegeisterten, heimatverbundenen Bürger. Das forderte nahezu das Nachforschen heraus und wurde zu einem interessanten Fall der Suhler Oldtimerfreunde, die sich besonders für den alten, stationären Benziner interessierten. Dieser Motor ließ sich klar als ein SIMSON-Produkt aus der Zeit des Suhler Automobilbaus identifizieren. Ein eingegossener Schriftzug bestätigte das. Durch alte Fotoaufnahmen konnte man auch den Produktionszeitraum dieser Motoren- generation ermitteln. Ab 1919 bis 1925 wurden in dem Suhler Großbetrieb solche Antriebs- aggregate in bestimmte SIMSON- Automobile der Nachkriegszeit eingebaut. Ein Oldtimer- freund aus Suhl scheute keine Mühe, diesen einmaligen “Naturfund” wieder in einen optisch guten Zustand zu versetzen und die exakte Typenbestimmung voranzutreiben. 
Zunächst musste der Motor von seinem Betonsockel abtransportiert und aufgemacht werden um eine Typenbestimmung vornehmen zu können. Ein mutiges Unterfangen nach den vielen Jahren der Korrosion, Stillstand und Verschleißerscheinungen. Doch es gelang! Der Antrieb gehörte zu der Automobilmodellreihe des “SIMSON, Typ Co” und damit zu der Generation der “Obengesteuerten” Antriebe aus der Entwicklungszeit von Ing. Fritz Hattler. Hattler war hauptverantwortlich bis 1923 für die Überarbeitung der Vorkriegs- typen und strebte durch eine verbesserte Ventilsteuerung eine höhere Leistung für die Suhler Motoren an. Der “Simson Typ Co” bekam hängende Einlaßventile und erbrachte eine Leistung von 40 PS bei 1900 U/min. Zum Vorkriegsmodel waren das 10 PS mehr. Welche Aufgaben erfüllt aber dieser stationäre Motor im Waldgelände, einige Meter weg von dem verwaisten Naturtheater? In der Stadt Suhl lebte der Eisenwarenhändler und Mundartdichter Friedrich Wilhelm Kober, im Volksmund auch “Eisenkober” genannt. Er gründete am 9.3.1922 den Heimatverein “Joel- Gemeinde” und war sein erster Schulze. Zahlreiche Bühnenstücke und Gedichte entstammen seiner Feder, die von diesem Heimatverein dargeboten wurden. Nach seinem Ableben am 11.11.1924 führte sein Sohn Julius Kober die heimatverbundene Wander- und Theatergemein- schaft weiter. Unter seiner Leitung konnte man am 15.6.1930 im “Waldtheater” auf dem SuhlerFriedberg mit der Uraufführung des Bühnenstückes “Die Bergmannsbraut” die neue Errungenschaft des Suhler Vereins einweihen. Diese Freiluftbühne wurde zum Besuchermagnet. Mit ihr erwarb sich die “Joel-Gemeinde” in kurzer Zeit eine hohe Publikumsgunst, die von rund 150 Vereinsmitgliedern getragen war. Nach den ersten Theaterwochen sollte auch eine Bühnenbeleuchtung die Aufführungen verbessern. Dazu wurde ein Stromaggregat angeschafft, das der besagte “SIMSON- Motor” anzutreiben hatte. Beide Geräte bekam der rührige Heimat- und Wanderverein gesponsert. Es liegt die Vermutung nahe, dass die SIMSON-Werke mit ihrer Automobilabteilung als ein Sponsor aufgetreten sind. Die Motorkühlung und der Motorstart geschahen auf eine simple Art für die stationäre Gerätekombination. Gekühlt wurde der Motor durch seinen Thermosiphonumlauf aus einem größeren Wasserfass. Gestartet wurde mit Muskelkraft durch Kurbelantrieb und durch Zischhähne an den 4 Zylindern, wo drei dieser Hähne für den kraftaufwendigen Kurbelstart geöffnet blieben und erst bei laufenden Motor geschlossen wurden. So schließt sich auch ein historischer Kreis zwischen Technik und Kultur aus alten Zeiten. Die “Joel-Gemeinde”- übrigens benannt nach den Anekdoten umwogenen Gastwirt von der “Schmücke” im Thüringer Wald- ist heute weiterhin aktiv. Der Motorfund wird nach seinem endgültigen Restaurierungsabschluss der Öffentlichkeit im “Fahrzeugmuseum Suhl” vorgestellt. Dieser “SIMSON, Typ Co” ist dann das bisher einzig erhaltene Antriebsaggregat aus dem Zeitraum von 1919 bis 1924 und repräsentiert die erste “Obengesteuerte” Motoren- generation des Suhler Automobilbaus.
Waldtheater 2010 SIMSON-Motor gefunden 2009 nach 79 Jahren !
Kurbelwelle des "Simson Co-Motors", "Waldfund"